Ein zentrales Thema war der im Koalitionsvertrag angekündigte Armuts- und Reichtumsbericht, den die neue Regierung – wie bereits von der Ampel-Koalition vorgesehen – noch in diesem Jahr vorlegen will. Doch was bedeuten Armut und Reichtum eigentlich?
Laut Definition gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung hat; als reich gilt, wer mehr als 200 Prozent davon bezieht. Das durchschnittliche Nettoeinkommen lag im vergangenen Jahr bei etwa 2.430 Euro. Damit zählt bereits jemand mit 4.800 Euro netto im Monat formal zu den Reichen – ohne eine Millionärin sein zu müssen.
Während Einkommen relativ gut steuerlich erfasst werde, bliebe Vermögen weitgehend unangetastet. Zwei Drittel des gesamten Vermögens in Deutschland befinden sich in den Händen der reichsten zehn Prozent. Die Konzentration an der Spitze ist noch drastischer: Die fünf reichsten Familien vereinen ein Viertel des Gesamtvermögens auf sich. Während Arbeitseinkommen besteuert wird, wachsen große Vermögen oft steuerfrei weiter – mit kaum einem Beitrag zum Gemeinwohl.
Das habe direkte Auswirkungen auf das Gemeinwesen, so Butterwegge. Der Staat habe nicht genügend Mittel, um die öffentliche Infrastruktur zu erhalten oder in die wichtigste Ressource des Landes – Bildung – zu investieren. Lehrkräftemangel, marode Schulen und Hochschulen sowie bröckelnde Brücken seien Ausdruck dieses strukturellen Mangels – und mitverantwortlich für Politikverdrossenheit und den Aufstieg der AfD.
Scharfe Kritik übte Butterwegge auch an den rentenpolitischen Plänen der künftigen Staatsregierung. Die sogenannte „Frühstart-Rente“ ziele auf einen Systemwechsel zur kapitalgedeckten Altersvorsorge – auf Kosten des solidarischen Umlageverfahrens. Während für Rüstungsausgaben unbegrenzt Mittel zur Verfügung stünden, sei die Kindergrundsicherung angeblich nicht finanzierbar.
Zum Abschluss stellte Prof. Butterwegge drei politische Stellschrauben vor, mit denen eine sozial gerechtere Politik möglich wäre:
1. Arbeitsmarktpolitik: Erhöhung des Mindestlohns auf 15 bis 16 Euro, Stärkung der Tarifbindung, Eindämmung prekärer Beschäftigung.
2. Sozialversicherung: Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen und aus der alle die gleichen Leistungen erhalten.
3. Steuerpolitik: Beibehaltung des Solidaritätszuschlags, Einführung einer zeitlich befristeten Vermögensabgabe in Höhe von 10 Prozent für sehr hohe Vermögen – über fünf Jahre hinweg.
Am Ende seines Vortrags sagte Butterwegge pointiert:
„Würden CDU/CSU tatsächlich christlich-sozial und die SPD wirklich sozialdemokratisch handeln, gäbe es vermutlich keine AfD.“