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KAB Diözesanverband Eichstätt

Interview Schäfers

Interview zu den Europawahlen mit Dr. Michael Schäfers

Kurz vor den Europawahlen Fragen an den Leiter der KAB-Grundsatzreferates, Dr. Michael Schäfers.

Quo vadis Europa? Was kommt nach der Europawahl?

kab online: Am kommenden Sonntag wird auch in Deutschland das Europaparlament gewählt. Was sind ihre Erwartungen?

Dr. Michael Schäfers: Zuerst einmal hoffe ich, dass viele Menschen in Europa von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und wir eine gute Wahlbeteiligung haben werden. Nach den letzten vorliegenden Prognosen sieht dies leider nicht gut aus, trotz eines Wahlkampfes, der deutlich profilierter war als bei der letzten Europawahl.

Spannend wird die Frage des zukünftigen Präsidenten der Europäischen Kommission. Ich erwarte, dass das Wählervotum hier auch vom Europäischen Rat respektiert und der Gewinner vorgeschlagen und vom Parlament bestätigt wird. Alles andere wäre für die Wählerinnen und Wähler in Europa eine Enttäuschung und ein Schlag für die Demokratie.

Dann ist meine Erwartung an das neue Europaparlament, dass es das Transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU kippt und damit ein deutliches Signal für eine andere europäische Politik setzt. Sorge macht mir das Anwachsen des Rechtspopulismus.


kab-online: Welchen Eindruck vom Wahlkampf haben Sie?

Dr. Michael Schäfers: Eines der Hauptthemen war und ist die Krisenbewältigung in Europa. Insofern hat der Wahlkampf den Nerv und die Sorgen vieler Bürgerinnen und Bürger in Europa getroffen. Die Krise ist nämlich keineswegs vorbei. Das erscheint uns oftmals in Deutschland so. Einige Ökonomen geben Entwarnung und verbreiten Zweckoptimismus, etwa wenn das leichte Wirtschaftswachstum in den Krisenländern als Zeichen des Aufschwungs gewertet wird. Die Krise und die ungerechte Sparpolitik haben sich aber tief in die soziale Struktur der Krisenländer gefressen und mit ökonomischen Frohbotschaften ist es nicht getan. In Spanien ist weiterhin Selbstmord die Todesursache Nummer eins.

Diese Krise – man müsste eigentlich von Krisen sprechen – hat eine Tiefenstruktur, da sie den Kern der europäischen Arbeitsgesellschaften abschmelzen lässt. Gute Einkommen, soziale Sicherheit und eine Zukunftsperspektive, die an Erwerbsarbeit gekoppelt ist, ist für viele immer weniger erreichbar. Die Austeritätspolitik hat hierzu einen verheerenden Beitrag geleistet. Die katastrophal hohe Jugendarbeitslosigkeit muss beseitigt werden. Hier habe ich einen großen Konsens unter den etablierten Parteien herausgehört. Nach der Wahl müssen hier konkrete Taten folgen.

Kab-online: Stichwort Krise. Deutschland ist gut durch die Krise gekommen und Modell für Europa…

Dr. Michael Schäfers:… das sehen viele so, aber auch die Behauptung, wir seien gut durch die Krise gekommen, ist oberflächlich und sieht nicht die Tiefenstruktur. Derzeit profitiert Deutschland davon, dass die Binnennachfrage in den letzten Monaten angesprungen ist und die Exportrückgänge teilweise ausgleicht. Mit unserer Haushaltsdisziplin sparen wir Deutschland kaputt. Wir müssten dringen in eine Erneuerung der Infrastruktur und den Umbau hin zu einer altersgerechten Gesellschaft investieren.

Das Bildungswesen ist chronisch unterfinanziert, die ökologische Erneuerung müsste weiter vorangetrieben werden und vielen Kommunen steht weiterhin das Wasser bis zum Hals, öffentliche Einrichtungen werden geschlossen… Die Liste ließe sich fortsetzen. Die Nachwirkungen dieser Ignoranz werden Deutschland noch teuer zu stehen kommen.


kab-online: Wie müsste eine europäische Politik der Zukunft aussehen?

Dr. Michael Schäfers: Ein Ende der neoliberalen Politik in Europa ist das Entscheidende. Die Privatisierung und Deregulierung hat negativen Folgen für die Menschen und die nachfolgenden Generationen und vertieft die soziale Spaltung. Stattdessen brauchen wir eine Politik, die den solidarischen Ausgleich in den Mittelpunkt stellt und die Rolle der öffentlichen Hand, des Sozialstaates, wieder stärker für diese Funktion betont. Die öffentlichen Güter dürfen nicht weiter den Reichen ausgeliefert werden. Darum bin ich vehement gegen das TTIP.

Für gesetzliche Regelung in Europa benötigen wir zweitens mehr Einheitlichkeit. Das gibt insbesondere für das Steuerrecht. Europa muss weiter zusammenwachsen und sich harmonisieren. Dazu gibt es keine Alternative, auch wenn die Zeichen derzeit eher in eine andere Richtung weisen.

Und drittens muss Europa zum Vorbild der Wahrung der Menschenrechte werden. Die Flüchtlings- und Migrationspolitik ist menschenverachtend und weiterhin ein Skandal. Ein solidarisches, gerechtes und friedliches Europa ist das Europa der Zukunft und ein Europa der Menschen.

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